Verbundverpackungen gehen zulasten des Recyclings

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Werbeaussagen zu „ökologischen“ Papierverbundverpackungen sind „Greenwashing“

Experten plädieren für Verpackungen aus Monomaterialien – wie etwa recyclingfreundlichem Kunststoff

Kunststoffverpackungen stehen in Diskussionen über Maßnahmen gegen Verpackungsmüll und über mehr Nachhaltigkeit im Verpackungssektor zu Unrecht im Kreuzfeuer der Kritik. Das machen einschlägige Studien immer wieder deutlich. Wegen der anhaltenden Kritik an Plastikverpackungen gehen etliche Unternehmen jedoch inzwischen hin, reine Kunststoffverpackungen durch solche mit Papieranteilen zu ersetzen. Dies soll die Verpackung offenbar „grüner“ machen. Dementsprechend finden sich im Handel anstelle von reinen Kunststoffverpackungen immer häufiger Verbundverpackungen aus Papier und Kunststoff. Dadurch entsteht jedoch ein immer größeres Problem beim Verpackungsrecycling, wie die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) jetzt warnt. Denn solche faserbasierten Verpackungen mit Kunststoffanteil können demnach bestenfalls teilweise verwertet werden.

Der aktuelle Trend zur Substitution von reinen Kunststoffverpackungen durch solche aus einem Materialmix von Papier und Kunststoff wird nach Ansicht von Experten dadurch befeuert, dass die entsprechenden Produkte mit der Aussage „weniger Plastik“ beworben werden. So wird dem Nachhaltigkeits-orientierten Verbraucher vorgetäuscht, er kaufe besonders umweltfreundliche Waren ein. Doch das ist ein Trugschluss, wie auch eine Untersuchung der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) im Auftrag der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen belegt. Darin bestätigt sich nämlich aufs Neue, dass Papierverbunde der Kreislaufwirtschaft eher schaden. Somit geraten die als sehr umweltverträglich hervorgehobenen Verbundverpackungen in den Verdacht des „Greenwashings“. 

Mehr Abfall und schlechteres Recycling durch Papierverbunde

Denn die Papierverbunde verursachen zum einen mehr Verpackungsabfall, wie die GVM-Studie ausweist. Danach benötigen Papierverbunde im Mittel 40 Prozent mehr Material als reine Kunststoffverpackungen, um dieselbe Menge an Produkten zu verpacken. Vor diesem Hintergrund sei zu erwarten, dass bis zum Jahr 2025 durch Papierverbunde insgesamt 25.000 Tonnen mehr Abfall anfallen, prognostizieren die Verfasser der Studie. Allerdings soll auch die Menge an nicht recyclingfähigen Verpackungen infolge der Substitution von Kunststoffverpackungen durch Papierverbunde um 19.000 Tonnen sinken. 

Die GVM-Studie bemängelt ferner, dass Papierverbunde Probleme beim Recycling schaffen. Denn bei Verbundverpackungen ist demnach in der Regel nur der Faseranteil recyclingfähig. Er liegt meist bei über 70 Prozent. Für die übrigbleibende Kunststoffbeschichtung bleibe nur der Weg der energetischen Verwertung, stellt die GVM fest. Sie weist in dem Zusammenhang ferner darauf hin, dass das Recycling des Faseranteils aktuell tatsächlich erheblich hinter der theoretischen Recyclingfähigkeit zurückbleibt, während der wachsende Anteil an Verbunden zunehmend für Probleme beim Altpapier-Recycling sorgt. Daher halten es die Verfasser der Studie für besonders bedauerlich, wenn gut recyclingfähige Kunststoffverpackungen durch Verbunde ersetzt werden.

Genau dies geschieht jedoch bereits und soll in Zukunft noch zunehmen: Laut dieser Untersuchung sollen zwischen 2020 und 2025 rund 60,9 Kilotonnen Kunststoffverpackungen durch 85,5 Kilotonnen Papierverbunde substituiert werden, so die Prognose. Und dies vor dem Hintergrund, dass sich nach Annahme der GVM aufgrund der derzeit stattfindenden Investitionen in die Kreislaufwirtschaft die Recyclingfähigkeit im Kunststoffverpackungsmarkt bis 2025 weiter deutlich verbessern wird. Somit trete die Substitution durch Papierverbunde in Konkurrenz zur Optimierung der Recyclingfähigkeit im Kunststoffverpackungsmarkt, lautet das Fazit der GVM-Wissenschaftler.

Papierverbunde keine Alternative zu Kunststoffverpackungen

Sie halten daher unterm Strich fest, dass die Substitution von Kunststoffverpackungen durch papierbasierte Verbunde in der Gesamtbetrachtung keinen Fortschritt darstellt. Vielmehr spricht demnach viel dafür, „dass Fälle, in denen fast vollständig recyclingfähige Kunststoffverpackungen durch Papierverbunde ersetzt werden, zum jetzigen Zeitpunkt ökologisch nicht sinnvoll sind.“ Damit erweist sich die scheinbare ökologische Überlegenheit der Papierverbunde, wie es die Werbeabteilungen einiger Produkthersteller den Verbrauchern zu suggerieren versuchen, als reines „Greenwashing“.

Auch aus Sicht der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) mit Sitz in Osnabrück bringt die aktuelle Plastikdebatte neue Herausforderungen mit sich, indem schlecht recycelbare Verbundverpackungen aus Papier und Kunststoff überproportional zunehmen. Die ZSVR spricht hier von „Tendenzen zu Verpackungen, die bestenfalls teilweise verwertet werden können.“ Dazu verweist die Stiftung darauf, dass diverse Unternehmen aufgrund der Kritik an Plastikverpackungen auf Papierverpackungen umstellen, wobei sie kunststoffbeschichtete Verbunde verwenden. Dieser Trend bei den Verbundverpackungen gehe jedoch klar zulasten des Recyclings, kritisiert ZSVR-Vorstand Gunda Rachut. Sie empfiehlt daher ganz klar, dass recyclingfähige Verpackungsalternativen aus Monomaterialien den Verbundverpackungen aus ökologischen Gesichtspunkten klar vorzuziehen seien.

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