Schwer zu definieren: Wann ist eine Verpackung tatsächlich nachhaltig?

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Verbraucherbewertungen nicht immer realistisch

Nachhaltigkeit liegt im Trend. Auch – oder gerade? – bei Verpackungen. Deshalb setzen Handel und Hersteller zunehmend auf nachhaltige Verpackungsmaterialien – bzw. was als solche gilt. Denn in Umfragen äußert regelmäßig eine eindeutige Mehrheit der Verbraucher hierzulande den Wunsch nach nachhaltigen Verpackungen. Angeblich soll eine deutliche Mehrheit der Konsumenten hierzulande sogar dazu bereit sein, mehr Geld für Lebensmittelverpackungen zu bezahlen, wenn sie diese selbst als nachhaltig empfinden. Das ergab eine aktuelle Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Doch welche Verpackungen sind nicht nur gefühlt umweltfreundlich, sondern tatsächlich nachhaltig?

In früheren Studien zur Akzeptanz verschiedener Verpackungsmaterialien konnten sich die Befragten nur zwischen wenigen Verpackungsalternativen entscheiden, etwa zwischen konventionellem und Bioplastik, erläutern die Verfasser der MLU-Untersuchung. Deshalb entschieden sie sich für eine breitere Optionsvielfalt, die unter anderem auch unverpackte Produkte einbezog, sodass die für die neue Studie Befragten – ähnlich wie bei einem Einkauf im Supermarkt – zwischen verschiedenen Produktalternativen mit unterschiedlichen Verpackungen wählen konnten. Diese Produkte unterschieden sich auch im Preis. Sodann sollten die Teilnehmer eine Rangfolge für Verpackungsmaterialien nach ihrer Nachhaltigkeit erstellen und Angaben zu ihrem Wissen über einzelne Verpackungsmaterialien sowie zu ihren Wünschen bezüglich Produktverpackungen beim täglichen Einkaufen machen.

Verbraucher würden für Nachhaltigkeit mehr bezahlen

Als besonders beliebt erwiesen sich dabei unverpackte Lebensmittel. Aber auch Verpackungen aus Recyclingkunststoff und Papier wurden gegenüber solchen aus konventionellem Plastik bevorzugt. Dabei zeigte sich zudem die Bereitschaft der befragten Konsumentinnen und Konsumenten, mehr Geld für Alternativen zu konventionellen Plastikverpackungen auszugeben, wenn diese Alternativen als nachhaltiger empfunden werden, berichtete Studienautorin Dr. Katharina Sträter. Dies galt demnach selbst, wenn sie, wie im Falle von unverpackten Lebensmitteln, quasi weniger erhielten, stellte die Wirtschaftswissenschaftlerin fest. Sie bezeichnete als ein weiteres wichtiges Resultat der Studie das Problem, dass es bisher keinen generellen Konsens darüber gibt, welches Verpackungsmaterial tatsächlich nachhaltig ist. Hier sehen die Forschenden die Wissenschaft und die Politik in der Verantwortung, Klarheit zu schaffen.

Besonders schlechte Bewertungen erhielt in der MLU-Studie Bioplastik. Ihre negative Einschätzung begründeten die Befragten damit, zu wenig über das Material und seine Eigenschaften zu wissen. „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass hinter dem Begriff Bioplastik eher ein Produkt vermutet wird, das für die Umwelt genauso schlecht ist wie konventionelles Plastik“, erläuterte der Wirtschaftswissenschaftler und Studien-Co-Autor Christoph Herrmann.

Auch andere Studien wie der Statista Report „Nachhaltiger Konsum 2021“ machen deutlich, dass sich eine wachsende Zahl von Konsumenten bei ihren Kaufentscheidungen von Umweltkriterien leiten lässt. Und zu einem nachhaltigen Konsum zählen für viele Verbraucher eben nachhaltige Verpackungen. Laut dem Statista-Report ist eine Verpackung für die meisten Befragten insbesondere dann nachhaltig, wenn sie biologisch abbaubar ist und aus recycelten oder recycelbaren Materialien besteht. Dazu zählt dann auch Kunststoff. Als nachhaltigste Verpackungsmaterialien gelten in dem Zusammenhang jedoch vor allem Papier und Pappe (70 Prozent Zustimmung) sowie Glas (62 Prozent). Gemessen an diesen Werten schneiden Getränkekartons, Plastikverpackungen und Dosen erheblich schlechter ab.

Begriff „Nachhaltigkeit“ nicht genau definiert

Doch wann verdient eine Verpackung das Prädikat „nachhaltig“ und kann die Einschätzung der Verbraucher bei dieser Frage tatsächlich als objektiv gelten oder muss sie eher als subjektiv relativiert werden? Immerhin geht aus den einschlägigen Studien auch immer wieder hervor, dass die Konsumenten das Thema Nachhaltigkeit von Verpackungen als höchst komplex und schwer durchschaubar einstufen. Was nicht weiter verwundert, ist doch der Begriff „nachhaltig“ und was er beinhaltet, gerade im Verpackungsbereich nicht eindeutig geklärt. Dies nicht zuletzt deshalb, weil Nachhaltigkeitsziele zum Teil deutlich divergieren. So schonen etwa Mehrwegflaschen Ressourcen, verursachen aber deutlich mehr CO2-Emissionen, wenn sie über Hunderte Kilometer transportiert werden. 

Bei der Glasflasche beispielsweise sorgt ihr höheres Gewicht für mehr CO2-Emissionen beim Transport als bei der PET-Flasche. Das wirkt sich vor allem dann aus, wenn die Flasche über große Entfernungen vom Abfüll- zum Verkaufsort transportiert werden muss. Je größer die Entfernung, desto schlechter die Ökobilanz der Glasfalsche! Hinzu ist für das Einschmelzen von Altglas ein erheblicher Energieeinsatz erforderlich. 

Unterm Strich kommt das Umweltbundesamt zu dem Fazit, dass sich Glas- und PET-Flaschen, je nach Einsatzgebiet, in der Ökobilanz nur geringfügig unterscheiden und damit beide als nachhaltig anzusehen sind. Für die Bereitstellung von 1.000 Liter Mineralwasser liegt die PET-Mehrwegflasche demnach sogar etwas vor der Glas-Mehrwegflasche. 

„Bauchgefühl“ der Konsumenten oft trügerisch

Dieses Beispiel verdeutlicht, wie sich das „Bauchgefühl“ der Konsumenten in Bezug auf die Nachhaltigkeit von Verpackungen von der wissenschaftlich erwiesenen Realität unterscheiden kann. Und das Umweltbundesamt kommt nach dem Vergleich etlicher einschlägiger Studien zu dem klaren Ergebnis, dass Mehrwegflaschen sowohl aus Glas als auch aus Polyethylenterephthalat (PET) gegenüber Einweg-Plastikflaschen und Getränkedosen aus ökologischer Sicht auf jeden Fall die bessere Wahl darstellen.

Ähnlich sieht es bei den Verpackungsmaterialien Papier und Pappe aus: Sie werden zwar aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und lassen sich gut recyceln. Doch sobald Kartonagen beschichtet werden, etwa um eine Barrierewirkung zu erzielen, kann der Verbund nur noch schwer bis gar nicht wiederverwertet werden.

Insgesamt können Verpackungen, so die überwiegende Einschätzung der Experten, gesichert als nachhaltig eingestuft werden, wenn für ihre Herstellung so wenig Ressourcen wie möglich verwendet werden. Das kann etwa durch dünnere Folien oder leichtgewichtigen Karton erreicht werden. Und Verpackungen sollten recycelbar sein sowie im Kreislauf zirkulieren!

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