Recycelter Kunststoff gelangt nicht ins Meer

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Wiederverwertung ist aktiver Meeresschutz

Die Weltmeere ersticken in Plastikmüll. So oder so ähnlich klagen nicht nur Umwelt-, Natur- und Tierschützer. Auch die Politik hat die Zeichen der Zeit erkannt: So vereinbarte die Umweltversammlung der Vereinten Nationen im März dieses Jahres auf ihrer Tagung in Nairobi, Verhandlungen über ein rechtsverbindliches globales Übereinkommen zur Bekämpfung von Plastikmüll aufzunehmen. Jedes Jahr gelangten rund elf Millionen Tonnen Kunststoffe ins Meer, begrüßte der für Umwelt, Meere und Fischerei zuständige EU-Kommissar Virginijus Sinkevičius die Einigung in Nairobi. Diese Menge werde sich in den nächsten 20 Jahren verdreifachen, wenn man nicht weltweit effektiv dagegen vorgehe, warnte das Kommissionsmitglied. 

Sinkevičius kündigte an, dass das angestrebte rechtsverbindliche Übereinkommen allen Abschnitten des Lebenszyklus von Kunststoffen, vom Produktdesign bis hin zur Entsorgung, Rechnung tragen soll. Die geplante Übereinkunft ziele darauf ab, die Lücken zu schließen, die bisherige Initiativen und Übereinkommen nicht angegangen sind, insbesondere in den Lebenszyklusabschnitten Entwurf und Herstellung von Kunststoffen, erklärte der EU-Umweltkommissar. Demnach soll die anvisierte internationale Vereinbarung alle Interessenträger zusammenbringen, um das übergeordnete Ziel zu erreichen, den Austritt von Plastikmüll in die Umwelt zu beenden. Nach Auffassung der EU müsse ein neues rechtsverbindliches globales Übereinkommen unbedingt auf einem Kreislaufkonzept für den Lebenszyklus von Kunststoffen beruhen, erklärte die Europäische Kommission weiter.

Wertvoller Rohstoff

Gemeinsames Handeln prägt auch die Global Plastic Alliance (GPA), in der sich 75 Kunststoffverbände aus 40 Ländern zum Handeln gegen marines Littering, dem unkontrollierten Entsorgen von Kunststoffen, verpflichtet haben. Diese Initiative zum Schutz der Meere, die seit 2011 bereits 355 internationale Projekte realisierte, ist Ausdruck dafür, dass die Kunststoffindustrie die globale Herausforderung der Meeresverschmutzung mit Plastikmüll angenommen hat. Denn auch den Herstellern der Kunststoffe ist klar, dass Plastik nicht ins Meer gehört – schon allein unter dem Aspekt, dass es ein viel zu wertvoller Rohstoff ist.

Die Branche setzt in Übereinstimmung mit Politik und Umweltschützern darauf, dass Plastikprodukte und -verpackungen gar nicht erst in die Umwelt gelangen sollen, indem man sie wiederverwertet. Doch dazu bedarf es einer funktionierenden Abfallwirtschaft, die in vielen Ländern der Welt nicht einmal ansatzweise vorhanden ist. Dort gelangt der Plastikmüll vom Land in die Flüsse, um von jenen ins Meer transportiert zu werden.

Hierzulande verwertet die Abfallwirtschaft die gesammelten Kunststoffabfälle nach aktuellen Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) nahezu vollständig. Demnach wurden im Jahr 2019 konkret 99,4 Prozent aller gesammelten Kunststoffabfälle verwertet. Von den 6,28 Millionen Tonnen Gesamt-Kunststoffabfällen wurden 2,93 Millionen Tonnen oder 46,6 Prozent werk- und rohstofflich genutzt. Rund 3,31 Millionen Tonnen oder 52,8 Prozent wurden energetisch verwertet, also als Ersatz für fossile Brennstoffe genutzt. Und nur 40.000 Tonnen, das entspricht rund 0,6 Prozent aller gesammelten Kunststoffabfälle, gelangten auf eine Deponie oder in Anlagen ohne hinreichende Auskopplung von Energie. Aus Klima- und Umweltschutzgründen sollten künftig noch mehr Kunststoffabfälle werkstofflich verwertet, sprich wiederverwendet werden. Denn durch eine werkstoffliche Verwertung von Altkunststoffen kann Neuware substituiert werden. Und recyclierte Kunststoffe landen nun mal nicht im Meer.

Gesetzliche Zielvorgabe übertroffen

Insofern stellen Kunststoffabfälle einen Wertstoff dar. Schon jetzt recycelt Deutschland europaweit die meisten Kunststoffe. Und das Recycling von Kunststoffverpackungen legt weiter zu: Nach Angaben der Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) überschritt das Recycling von Kunststoffverpackungen im Gelben Sack im Jahr 2020 die gesetzliche Zielvorgabe von 58,5 Prozent und stieg auf 60,6 Prozent. Damit widersprechen diese Zahlen der häufig öffentlich geäußerten Ansicht vom nicht funktionierenden Recycling von Kunststoffverpackungen. Vielmehr unterstreichen die neuen Zahlen den erfolgreich eingeschlagenen Weg in Richtung Kreislaufwirtschaft von Kunststoffverpackungen, stellt die Geschäftsführerin der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen, Dr. Isabell Schmidt, fest. Sie sieht in recyclingfähigen Kunststoffverpackungen bereits heute im Sinne eines nachhaltigen Konsums oft „die beste Lösung“.

Auch bei den vorhandenen Recyclingkapazitäten steht Deutschland übrigens mit über 1,5 Millionen Tonnen in der EU mit an der Spitze. 

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