Nicht alles, wo „öko“ draufsteht, ist auch nachhaltig

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Vermeintlich umweltfreundliche Verpackungen sind oft wenig recyclingfähig

Im Handel tauchen immer mehr vermeintlich umweltfreundliche Verpackungen auf. Denn viele Produkthersteller weichen unter dem Druck der Verbraucherwünsche nach mehr Nachhaltigkeit von reinen Kunststoff- auf sogenannte faserbasierte Verpackungen, etwa aus Pappe oder Papier, aus, die aber auch einen Kunststoffanteil aufweisen. Dumm ist dabei nur, dass diese als besonders ökologisch vermarkteten Materialien deutlich schlechter beim Recycling abschneiden. So kommt schnell der Verdacht von „Greenwashing“ auf …

Leider gibt es aktuell Tendenzen zu Verpackungen, die bestenfalls teilweise verwertet werden können, stellt der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE) in Bonn dazu kritisch fest. Der Branchendachverband, zu dem auch die deutschen Recyclingunternehmen gehören, führt den Trend zu den scheinbaren Papier- bzw. Pappverpackungen auf die Debatte um Plastikmüll, auf die Einweg-Plastik-(Single-Use-Plastics-)Richtlinie der EU und auf die europäische Plastiksteuer zurück. Dies alles dränge die Abfallhierarchie mit Abfallvermeidung und -verwertung in den Hintergrund, moniert der BVSE. 

Stattdessen registriert der Verband im Zuge dieser Diskussionen eine „rasante“ Zunahme von faserbasierten Verpackungen mit Kunststoffanteil – eben weil etliche Unternehmen wegen der Kritik an Plastikverpackungen auf Papierverpackungen umgestellt haben. Leider verwenden sie dabei aber kunststoffbeschichtete Verbunde. 

Und diese Verbundverpackungen aus Papier bzw. Pappe und Kunststoff werden zunehmend zum Problem, nicht nur für die Recyclingbranche, wie der BVSE beklagt. Denn der Trend bei den Verbundverpackungen gehe klar zulasten des Recyclings, erläutert Gunda Rachut, Vorstand der Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR). Die Stiftung überwacht unter anderem die Erfüllung der Recyclingquoten sowie ganz allgemein die Verwirklichung der Ziele des Verpackungsgesetzes (VerpackG). Rachut verdeutlicht das Problem mit den Verbundverpackungen wie folgt: „Auch wenn eine Verpackung hauptsächlich aus Papier besteht, sobald eine Kunststoffbeschichtung dazukommt, wird das Recycling begrenzt.“ Deshalb ist für sie ganz klar: „Recyclingfähige Verpackungsalternativen aus Monomaterialien sind aus ökologischen Gesichtspunkten klar zu bevorzugen!“ Hinzu kommt aus Sicht des BVSE, dass die Verwertungskapazitäten und -produkte für faserbasierte Verpackungen mit Anteilen von Kunststoff oder auch Aluminium deutlich begrenzt sind.

Nur scheinbar umweltfreundlich

Also von wegen ökologisch – da die scheinbar umweltfreundlichen Verpackungsalternativen, die vielfach auch noch als nachhaltig oder gar zu „100% recycelbar“ beworben werden, tatsächlich keinen „grünen Mehrwert“ aufweisen, wie etwa Verbraucherschützer monieren. Denn die Verbundverpackungen aus Papier plus Zusatzmaterial lassen sich im besten Fall nur teilweise verwerten. 

Als besonders problematisch stuft etwa die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen Getränkekartons im „Altpapier-Look“ ein, wie zum Beispiel von Bio-Milch. Bei solchen Produkten vermuteten die Verbraucher, dass die Verpackung anschließend ins Altpapier gehöre, erklärt der Umweltexperte der Verbraucherzentrale NRW, Philip Heldt. Dabei handele es sich bei solchen Getränkekartons um Verbundstoffe, die im gelben Sack entsorgt werden müssten. Solche Verpackungen aus nachhaltig wirkendem Papier sollten den Verbrauchern besondere Öko-Qualitäten suggerieren, würden jedoch zu ungerechtfertigt positiven Beurteilungen durch die Konsumenten führen, kritisiert Heldt. Der Fachmann spricht hier von einem wirkungsvollen Marketingtrick.

Der Mythos vom Bioplastik

Hinzu kommt, dass Papier als Verpackungsmaterial nicht grundsätzlich besser ist als Kunststoff, wie vielen Konsumenten glauben gemacht werden soll. So entzaubert selbst die Bio-Marktkette Alnatura die grüne Mär, Papier sei die ökologisch sinnvollere Verpackungsalternative zu Kunststoff, als „Mythos“. Papierverpackungen böten im Vergleich zu Kunststoffalternativen nur einen geringen Produktschutz und benötigten vor allem für die Herstellung deutlich mehr Energie, Wasser und dazu Chemikalien im Vergleich mit Kunststoff, betont das Bio-Handelsunternehmen. Zudem entwickle sich die Recyclingtechnik für Kunststoffe weiter und das Angebot an recycelten Kunststoffen wachse, hebt Alnatura hervor. Dazu zitiert der Bio-Händler die Biologin Isabell Kuhl mit dem eindeutigen Votum: „Derzeit sind für viele Produkte sogenannte Monokunststoffe die sinnvollste Alternative. Diese können gut recycelt werden, benötigen vergleichsweise wenig Energie und vereinen hervorragende Verpackungseigenschaften.“

Ähnlich „mythologisch“ verhält es sich mit dem sogenannten Bioplastik, das fälschlicherweise im Vergleich mit herkömmlichem Kunststoff als umweltfreundlicher dargestellt wird. Leider versuchten Händler und Hersteller von Produkten aus sogenanntem Bioplastik gezielt, durch Aufdrucke wie „kompostierbar“, „biologisch abbaubar“ oder „aus nachwachsenden Rohstoffen“ Verbraucher in die Irre zu führen, berichtet der Fachverband Kunststoffrecycling im BVSE. Offenbar häufig mit Erfolg, wie der Verband feststellt. Hierzu verweist er auf eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH), der zufolge mehr als drei Viertel der Bundesbürger Verpackungen aus sogenanntem Bioplastik für umweltfreundlicher halten sollen als solche aus „normalem“ Plastik. Stattdessenn warnt die DUH vor den „fatalen Umweltauswirkungen von sogenanntem Bioplastik“: Denn solche Produkte landen vielfach, weil angeblich kompostierbar, fälschlicherweise in der Bio-Tonne und bereiten so Probleme bei der Entsorgung. Verpackungen aus sogenanntem abbaubarem Bioplastik könnten sogar das Recycling anderer Kunststoffe beeinträchtigen, bemängelt die DUH.

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