Big Fat Bottle

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Zweifel an der Mär von der ökologisch überlegenen Glasmehrwegflasche.

Das Leichtgewicht PET-Mehrwegflasche hat durchaus Vorteile.

In Diskussionen über nachhaltige Getränkeverpackungen wird die Glasmehrwegflasche oft als vorbildlich dargestellt. Begründung: Die immer wieder umgespülte und dann wieder befüllte dicke Flasche treibe keinen „single use“.

Das Zeitalter des „Ex-und-hopp“ ist zurecht vorbei. Doch hält die verbreitete pauschal positive Bewertung der „dicken Berta“ auch genauerem Hinsehen stand? Wissenschaftliche Untersuchungen kommen diesbezüglich zu deutlich differenzierteren Bewertungen.

„Mehrweg-Getränkeflaschen haben einen derart guten Ruf, dass ihre Ökobilanz oft gar nicht mehr hinterfragt wird“, kritisiert Dr. Isabell Schmidt, Geschäftsführerin der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen denn auch die Selbstverständlichkeit, mit der aus ihrer Sicht überholte Vorurteile in den Verpackungs-Debatten immer wieder aufs Neue aufgewärmt werden. Wie etwa der Mythos von der ökologisch besseren Mehrweg-Glasflasche. Dabei brachte schon die letzte repräsentative Ökobilanz des Umweltbundesamtes (UBA) für die Verpackung von Mineralwasser und Erfrischungsgetränken vor zehn Jahren kein eindeutiges Ergebnis.

Seitdem ist zumindest bei neutralen Fachleuten unbestritten, dass der sogenannte ökologische Fußabdruck von Mehrweg-Glasflaschen nur unter ganz bestimmten, eng definierten Voraussetzungen besser ist als der von Mehrweg-PET-Flaschen, wie die Kunststoffflaschen korrekt bezeichnet werden. Als Öko-Achillesferse von Mehrwegflaschen hat sich dabei ihre Transportlogistik herauskristallisiert. Sie entscheidet nämlich maßgeblich darüber, welche Mehrweg-Getränkeverpackung nachhaltiger ist.

Transportwege entscheidend

Grundsätzlich stellte das UBA in seinen Ökobilanzen – zur Überraschung vieler – fest, dass Einweg-Glasflaschen in puncto Ökologie und Nachhaltigkeit die schlechteste aller Getränkeverpackungsvarianten darstellen. Die Ökobilanz der Glasflasche verbessert sich demnach erst, wenn sie möglichst häufig wieder neu befüllt und nicht zu weit transportiert wird. Die Frage der Transportwege entscheidet auch bei Mehrweg-Verpackungen über den sogenannten ökologischen Fußabdruck: Je mehr Wegstrecke ein Getränk bis zum Verbraucher zurücklegt, desto größer wird der ökologische Vorsprung der PET-Mehrwegflasche vor der Konkurrenz aus Glas. Das ist dem höheren Gewicht der Glasflasche geschuldet. Je weiter sie transportiert werden muss, umso mehr Kraftstoff wird dafür benötigt und umso mehr Emissionen werden freigesetzt. Nur auf der Kurzstrecke ist die Glasflasche im Öko-Rennen mit der PET-Flasche leicht im Vorteil, wie auch Verbraucherorganisationen einräumen. Diese Voraussetzung ist in der Praxis jedoch meist nicht gegeben. Daher betonen die Verbraucherberater den ökologischen Vorteil von Mehrweg gegenüber Einweg und nicht den eines Verpackungsmaterials im Vergleich mit einem anderen.

Dennoch wird in den Auseinandersetzungen um nachhaltige Getränkeverpackungen das Mantra von der Glasflasche als ökologisch einzig wahres Behältnis weiter wiederholt – ohne dabei die Faktenlage zu berücksichtigen, wie Fachleute bemängeln. Zu dieser Faktenlage gehört dann auch, dass die im 2019 eingeführten Verpackungsgesetz anvisierte Mehrweg-Quote bis Ende 2021 von 70 Prozent das Transportaufkommen massiv erhöhen dürfte: mit allen negativen Konsequenzen für Verkehr und Umwelt. Vor diesem Hintergrund würde es nach Einschätzung neutraler Beobachter mehr Sinn ergeben, wenn die auf langen Transportwegen günstigste Getränkeverpackung mehr zum Einsatz käme. Und das ist nun einmal nicht die Glasflasche, wie die Ökobilanzen belegen.

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